11/28/2007

Pious Populist - Understanding the rise of Iran's president

Ein lesenswerter Aufsatz von Abbas Milani über Ahmadinedjads Weg zum Präsidentenamt findet sich im Boston Review:
Iran’s president Mahmoud Ahmadinejad, who won a surprise election victory in 2005, has descended into infamy in the United States as a dangerous demagogue and an anti-Semite. Ahmadinejad must be taken seriously, however, and not just for his threats, verbal outbursts, and political provocations. Wherever he speaks and whomever he addresses, Ahmadinejad is always communicating with a domestic audience of millions of citizens in Iran, as well as with the rest of the Muslim world. He knows his audience well and, while he may convey an air of clumsy haphazardness, his discourse and demeanor express a meticulously crafted, politically astute message of pious populism. He is very much a product of recent Iranian history, and understanding his early years and rise to power provides insight into current circumstances in Iran, his own likely course of action, and the prospects for Iranian political reform.
Anmerkung:
Der Versuch den Khomeinismus als "Populismus" zu fassen, hat Ervand Abrahamian in seinem hervorragenden Buch Khomeinism unternommen. Obwohl ich es für falsch halte, die Ideologie Khomeinis als Populismus zu verharmlosen und ihr somit jeglichen Inhalt zu nehmen, handelt es sich um den Versuch, sie vom "Fundamentalismus" abzugrenzen. Zumindest was letzteres angeht, ist Abrahamian überzeugend.

Ein weiteres Missverständnis, dass sich in dem Text von Milani findet, sehe ich in der Folgenden Behauptung:
In 1977 U.S. policy in Iran changed suddenly once again. President Jimmy Carter’s talk of human rights, and his apparent willingness to pressure the Shah to liberalize, emboldened the once-cowed Iranian opposition.
Dies trifft nur auf einen Teil der Opposition zu; die liberalen Intellektuellen. Sie begannen Unterschriften für mehr Rechte zu sammeln, verabschiedeten Resolutionen machten Veranstaltungen und gaben Aufsätze heraus. Die Islamisten um Khomeini begannen ihren Aufstand gegen den Schah erst, als sich die Haltung der USA wieder geändert hatte, und zwar nach einem Treffen zwischen dem Schah und Carter in Washington. Zu diesem Zeitpunkt herrschte im Iran bereits ein viel repressiveres Klima. Ich halte es deshalb für falsch, Carter mit dem Aufstand der Islamisten in einen Zusammenhang zu bringen.

Die Folgende Passage halte ich für ungenau:
The growing network of Islamic institutions almost went unnoticed by Iran’s secret police. The Shah remained concerned about secular democrats and the left; he believed the clergy—who shared his hostility to these elements—were his strategic allies.
Die Mullahs im Iran waren gespalten: Die Anhänger Chomeinis übernahmen das Moscheenetzwerk langsam und verdrängten so die traditionellen Islamisten. Diese wurden vom Schah als verbündete gesehen und wandten sich im Zuge der Revolution widerwillig gegen ihn. Die Geheimpolizei war gegen Anhänger Chomeinis in den Moscheen durchaus aktiv, war dem plötzlichen Ansteigen der revolutionären Bewegung jedoch nicht gewachsen.

Die Debatte, die der Autor in den Kommentaren führt, bedarf keines weiteren Kommentars: Er richtet sich gegen "die" Zionisten, die den Antisemitismusvorwurf für ihre Zwecke missbrauchen würden. Auch im Text findet sich ein Vergleich von George W. und Ahmadinedjad. Selbst ein guter Aufsatz über den Iran muss dadurch versaut werden, dass sein Autor ein Antizionist ist.

Deshalb verstrickt er sich in Aussagen wie der, dass ein Krieg gegen die USA und Israel das einzige seien, was Ahmadinedjads Niedergang aufhalten könne und dementsprechend das schlimmste sei, was passieren könnte. Dass ein nuklearer Iran das größere Problem ist, mag dem Autor nicht in den Sinn kommen:

In truth the only solution to the “Iran Problem”—from the nuclear question to Iran’s regional support for Islamist groups such as Lebanon’s Hezbollah—is for the century-old dream of democracy to become a reality.
Das hört sich zwar schön an, ist aber total unrealistisch, wenn Ahmadinedjad die Bombe bekommt. In diesem Fall ist der Traum von Demokratie für den Iran gestorben. Sollte das iranische Atomprogramm so weit voranschreiten, dass ein Angriff auf den Iran notwendig wird, um die Mullahs vom Bau der Bombe abzuhalten, dann kann nur ein solcher die Hoffnung auf einen demokratischen Iran erhalten.

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