4/12/2008

Post von Prof. Dr. Michael Vogt, Mitarbeiter bei secret.tv

Erinnert sich jemand an meinen Text über Ufos im Irak?

Anfang März fand die "Internationale Irak-Konferenz" der Friedensbewegung statt, zu der - neben der creme de la creme der europäischen Appeaseniks und Vertretern des "irakischen Widerstandes" - auch Nina Hagen und ihre Lieblingsverschwörungstheoretiker eingeladen wurden. Die exklusiven Rechte, eine Aufzeichnung des von Nina Hagen geleitete Abschlussplenums auszustrahlen, gingen an secret.tv, einem Internetfernsehsender, dessen Mitarbeiter dafür bekannt sind, sich besonders gerne auf antisemitische Hetzschriften, wie die "Protokolle der Waisen von Zion" und anderen verschwörungstheoretischen Unsinn zu beziehen.

Einer der Mitarbeiter von secret.tv hat mich nun darum gebeten, meinen Text zu verändern, da ich zu Unrecht behauptet habe, er würde auf Veranstaltungen der NPD auftreten. Es handelt sich hier um niemanden geringeren, als um Michael Vogt, den Macher der Filmes "Geheimakte Heß".

Dieser Film bezieht sich im Wesentlichen auf die Thesen des englischen "Historikers" Martin Allen. Dessen Buch über Heß basiert auf gefälschten Dokumenten und wurde in Deutschland von Gert Sudholt veröffentlicht, der von Telegraph.co.uk kurz als "Right-wing extremist who has been jailed for publishing revisionist history" vorgestellt wird. Über Sudholt und dessen Verbindungen zu Martin Allen heißt es weiter:
Mr Sudholt, whose stepfather, Helmut Sundermann, was deputy to Otto Dietrich, the Nazi press chief, has been prosecuted at least three times for printing far-Right material. He was jailed for six months in 1993 and received a suspended sentence in 1999 for similar offences.

A year later when the controversial British historian David Irving lost a libel action against an American professor who had called him a Holocaust denier, Mr Sudholt, 62, was described as one of the author's leading contacts in the world of German Right-wing extremism.

In addition to his publishing business, Mr Sudholt also runs the Society for Free Communication which offers former Nazi Party members and their families a platform for their opinions.

In the acknowledgments to Himmler's Secret War, Mr Allen's third book, the author thanks Mr Sudholt for his "great assistance in my search for testimony from eyewitnesses of Germany's past".

These are thought to include Gudrun Burwitz, Himmler's daughter, and Traudl Junge, the last surviving personal secretary to Adolf Hitler. Mrs Burwitz is regarded by most historians as an unrepentant Nazi. Mr Sudholt said that despite the furore over the documents he would still publish Mr Allen's book, even if the "three relevant pages" were cut.
Vogt ist für meinen Text über Nina Hagen und die deutschen Friedensbewegten eigentlich nicht weiter wichtig. Mir ging es vor allem darum deutlich zu machen, dass es sich bei secret.tv um ein Seite handelt, die von Leuten betrieben wird, bei denen es sich um überzeugte Antisemiten handelt oder um Personen, denen man wie im Falle Vogt ohne weiteres Kontakte zur rechten Szene nachweisen kann.

In meinem Text habe ich behauptete, Michael Vogt trete auf NPD-Veranstaltungen auf. Es handelte sich jedoch um eine Veranstaltung für die, so Spiegel Online, lediglich mit einer Presseerklärung der NPD geworben wurde. Offiziell wurde das Treffen an dem Vogt teilgenommen haben soll von der rechtsextremen Fraktion "Identität, Tradition, Souveränität" (ITS) des Europäischen Parlaments veranstaltet.

Das sind natürlich Haarspalterein, denn ob es sich um die NPD oder um andere Rechtsextremisten handelt ist mir persönlich reichlich egal. Ebenso gleichgültig ist es mir, ob Herr Vogt überhaupt an der besagten Veranstaltung teilgenommen hat. Er selbst behauptet nämlich steif und fest, nie dort gewesen zu sein. Die Kontakte in die Rechte kann man ihm trotzden nachweisen, so dass es irrelevant ist ist, ob Michael Vogt in diesem einen Falle bei der ITS war, an einem Treffen der NPD teilgenommen hat oder ganz einfach zuhause vor dem Fernseher saß.

Belege für seine Verbindungen zur Rechten Szene gibt es zuhauf und da es mir darum geht deutlich zu machen, dass er als Mitarbeiter von secret.tv eben solche besitzt, bin ich nicht besonders wählerisch: Vogt hat seinen Film über Heß zum Beispiel gemeinsam mit Olaf Rose produziert, der heute als Berater für die NPD im sächsischen Landtag fungiert. Er gibt der Jungen Freiheit Interviews, tritt bei Veranstaltungen der extremen Rechten auf und soll sich nach Informationen der Zeitung Blick nach Rechts sogar zu Terroranschlägen in Südtirol bekannt haben. Natürlich wäre da auch noch seine Mitarbeit bei secret.tv, wo man sich eben nicht nur mit lustigen Dingen, wie fliegenden Platformen, Seeungeheuern und Wasserautos beschäftigt, sondern eben auch gerne auf die vermeintliche Verschwörung des "Weltjudentums" bezug nimmt, wie sie in den "Protokollen der Waisen von Zion" beschrieben wird.

Inhaltlich habe ich nichts zurückgenommen, sondern lediglich eine kleine Passage korrigiert, die durch die Änderung tatsächlich an Genauigkeit gewonnen hat. Die Veranstaltung an der Vogt teilgenommen haben soll, ist wohl tatsächlich nicht von der NPD organisiert worden.

Weil ich die Mails von Herrn Vogt sehr lustig finde, möchte ich sie hier dokumentieren:
Hallo, Herr Zelig,

ich beziehe mich auf Ihre Aussage über meine Person in Ihrem Artikel über die Berliner Irakkonferenz und secret TV.

Natürlich ist es Ihnen unbenommen, Unsinn (wie über meine "Geheimakte Heß") zu schreiben und den Eindruck einer umfassenden Recherche zu erwecken, ohne je mit den handelnden Akteuren gesprochen zu haben. Das ist eine traurige Erscheinung des heutigen medialen Hinrichtungsjournalismus, der sich ganz im Stil des Stürmers aufführt und Menschen nuir aufgrund ihrer Position, ihres Glaubens, ihrer Nationalität diffamiert.

Aber das müssen Sie mit sich selbst ausmachen.

Was nicht geht, sind Unwahrheiten. Und Ihr Satz "Da wäre zum Beispiel Michael Vogt, der bei Veranstaltungen der NPD auftritt,..." ist eine solche. Ich bin nie bei einer Veranstaltung der NPD aufgetreten, das wurde mir in Leipzig auch nie vorgeworfen, und selbstverständlich belegt auch Ihr Link dies in keiner Weise.

Insofern fordere ich Sie auf, diese Unwahrheit sofort aus dem Artikel zu löschen.

Sollte dies nicht bis morgen geschehen sein, werde ich eine Strafanzeige und eine kostenbewehrte Unterlassungserklärung veranlassen.

Prof. Dr. Michael Vogt
Herr Vogt, der sich mit NPD-Leuten herumtreibt und bei secret.tv arbeitet, ist der Meinung, dass ich ein "medialer Hinrichtungsjournalist" bin, "der sich ganz im Stil des Stürmers aufführt". Natürlich weiss Herr Vogt, dass der Stürmer den Mord an den Europäischen Juden vorbereitet hat, während Wind in the Wires sich dem Kampf gegen Antisemitismus verschrieben hat. Aber da "medialer Hinrichtungsjournalismus" ein solch witziger Terminus ist, macht es mir spass als solcher bezeichnet zu werden. Dass sich jemand, der bei secret.tv arbeit jedoch darüber aufregt, ich würde Unsinn schreiben, kann ich jedoch gar nicht nachvollziehen. Welcher Schwachsinn von Deutschlands erstem Fernsehsender für Grenzwissenschaften verbreitet wird, kann man sich in meinem Text "Ufos im Irak" nachlesen.

Selbstverständlich "diffamiere" ich Herrn Vogt einzig und allein aufgrund "seiner Position". Dass er Deutscher ist und es allein deshalb schon verdient hätte, ein bisschen diffamiert zu werden, war mir bisher unbekannt. Damit mir Herr Vogt nicht schon wieder mit einer Anzeige droht, möchte ich an dieser Stelle betonen, dass ich am scherzen bin. Ich gebe das nur ungern zu, aber einige meiner besten Freunde kommen aus Deutschland. Wenn Herr Vogt mir mitteilt, welchem Glauben er angehört, bin ich gerne bereit auch darüber ein paar Witze zu machen.

Als ich die Mail von Herrn Vogt las, bekam ich es natürlich mit der Angst zu tun. Eine Anzeige! Au Backe! Soetwas möchte man natürlich auf gar keinem Fall am Hals haben und deshalb hat er umgehend eine Antwort von mir erhalten:
Guten Tag Herr Vogt,

gerne komme ich Ihrer Aufforderung nach: Damit sie sich in Zukunft nicht mehr bei mir beschweren können, zu Unrecht mit der NPD in Verbindung gebracht zu werden habe ich einfach das entsprechende Zitat aus dem Spiegel übernommen. Nun "tauchen sie" lediglich "auf der Homepage der NPD auf" und haben "an einer Veranstaltung der rechtsextremen Fraktion 'Identität, Tradition, Souveränität' (ITS) des Europäischen Parlaments teilgenommen". Ich möchte da keinen großen Unterschied zu meinem vorherigen Text sehen, aber als medialer Hinrichtungsjournalist bin ich zu Differenzierungen dieser Art vermutlich nicht in der Lage.

Ich wünsche Ihnen natürlich viel Spass mit Daniel Dingels Wasserauto, dem Ungeheur von Loch Ness und ihren "Nachforschungen" zu Rudolf Hess und seinen friedlichen Nazigesellen,

Leonard Zelig

P.S.

Natürlich behalte ich es mir vor, Ihren Leserbrief zu veröffentlichen. Eine bessere Werbung für meine Seite, als dass ein Mitarbeiter von secret.tv sie als "medialen Hinrichtungsjournalismus" kategorisiert, kann ich mir gar nicht vorstellen.
Aber auch meine Änderung wollte Herrn Vogt nicht gefallen. In dem zitierten Spiegel-Artikel heißt es nämlich: "Die Presseerklärung der NPD scheint eindeutig". Ich habe mir gedacht: Wie kann ein Blatt Papier eindeutig scheinen? Ein Blatt Papier ist natürlich eindeutig. Deshalb habe ich das Spiegel-Zitat unterbrochen und den Satz eingefügt: "Die Presseerklärung der NPD ist eindeutig". Aber auch das hielt Herr Vogt für eine Verdrehung der Tatsachen. Er schrieb mir abermals:
Hallo, Herr Zeilig,
wenn Sie meinen Brief veröffentlichen, sollten Sie daruf hinweisen, wie Sie mit der Wahrheit umgehen und zitieren.
In dem jetzt aufgenommen Zitat heißt es im Original aus sehr gutem Grunde: "Die Presseerklärung der NPD scheint eindeutig:". Und was machen Sie daraus? "Die Presseerklärung der NPD ist eindeutig:".

Das nun in der Tat ist vor dem Hintergrund, daß ich keine Presseerklärung der NPD je unterschrieben habe und von daher auch auf keiner stehe, erheblich, ob ich von einer Tatsache, die falsch ist, oder einem Anschein ausgehe.

Sie werden also dieses Zitat entweder unverändert aufnehmen, oder es bleibt meiner Ankündigung in der ersten Mail. Es gilt diesselbe Frist.

Sollten Sie im Übrigen einen Funken Fairneß haben und sich der journalistischen Mühe unterziehen, sich diese genannte Pressemitteilung zu beschaffen, so werden Sie unschwer feststellen, daß es keine Pressemitteilung der NPD ist. Das nbur nebenbei.

Und der Gipfel der Fairneß wäre, wenn Sie berichteten - denn nur das ist die Wahrheit -, daß ich irrtümlich für ca. eine Stunde auf dieser Pressemitteilung stand und dann wegen meines Protestes mein Name, der dort nicht hingehörte, sofort wieder entfernt wurde.

Also nur zu: Trauen Sie sich und veröffentlichen Sie meine Mail.

Und wenn Sie wirklich außer Diffamierung einen echten Disput wollen, lassen Sie uns über meinen Heßfilm im Netz diskutieren. Sie stellen - nachdem Sie den Film angesehen haben (das hilft) - jede Frage, die Sie wollen, und ich beantworte sie. Und dann stellen Sie alles ins Netz.

Kritik und Anregungen gehören zu einer demokratischen Streikultur, und beiden will ich mich gerne stellen. Aber dann müßten Sie sich fachlich mit dem Film auseinandersetzen und hinnehmen, daß sich der Angegriffene wehrt. Dazu fehlen in der Regel Kenntnis und Mut. Ich bin gespannt. Ich bin gerne zu einem Diskurs bereit.

Daher erneut: Trauen Sie sich und veröffentlichen Sie meine Mail - allerdings vollständig und ohne verfälschendes Zitieren.

Prof. Dr. Michael Vogt
Zwar hatte ich diesbezüglich juristisch nichts zu befürchten, denn auch der beste Anwalt wäre in diesem Falle wohl gezwungen, mir Recht zu geben, aber auch diese Änderung habe ich Herrn Vogt geschenkt. Er kann es mit sich selbst ausmachen, ob er da einen Sieg errungen hat. Wie ein Stück Papier, auf dem schwarz und weiß steht, welche Personen zur Veranstaltung geladen wurden, nicht ist, sondern bloß "scheinen" soll, ist mir zwar unklar, aber was solls. Wenn der Spiegel solch einen Mist schreibt, dann zitiere ich ihn eben. Da es mir wie bereits erwähnt egal ist, ob die Presseerklärung nun von der NPD oder vom südtiroler Trachtenverein geschrieben wurde, kann ich auf die gebotene journalistische Mühe getrost verzichten. Herr Vogt arbeitet bei secret.tv und allein das würde ausreichen, um ihn zu diskreditieren.

Über den Heß-Film werde ich natürlich nicht mit ihm diskutieren. Ein solches Machwerk bedarf keiner Diskussion. Als Rudolf Heß nach England flog, waren die deutschen Einsatzgruppen bereits dabei Juden zu ermorden. Wenn man behauptet, es habe sich um eine "Friedensmission" gehandelt, ist das selbstverständlich eine Lüge. Die Nazis wollten keinen Frieden: Ihr Ziel war es, auch den letzten Juden auf diesem Planeten zu ermorden, ein Plan, der soetwas wie "Frieden" kategorisch ausschließt.

Auf eine Diskussion über belanglose Details und gefälschte Dokumente habe ich keine Lust, denn darauf läuft es hinaus, wenn man die Shoah ausklammert und sich mit angeblichen "Friedensmissionen" von Heß beschäftigt: Am Ende kann man behaupten, eigentlich hätten die Engländer den Zweiten Weltkrieg verursacht, während die Deutschen sich um den Frieden bemüht hätten. Dann ist man da angekommen, wo man sich über den Film von Vogt ganz besonders freut, bei den Neonazis nämlich. Und für solche Positionen bietet Wind in the Wires kein Podium.

2 comments:

Anonymous said...

der dativ des wortes "herr" lautet herrN -Bitte beachten/aendern, das verhagelt mir naemlich, obwohl sonst kein solcher grammatik-fetischist, die ganze freude an der schoenen polemik.

Leonard Zelig said...

Vielen Dank für den Hinweis. Ich muss gestehen, dass ich mit meiner Rechtschreibung viel zu sehr herumschlampe. Ich hoffe, ich habe keinen Herren übersehen.