11/14/2007

Über "deutsche Sonderopfer"

Der Handel mit Iran ist den Deutschen wichtig. Es gibt dort viel zu verkaufen und dass Ahmadinedjad zum Massenmord an den Juden in Israel aufruft, scheint niemanden besonders zu stören. Zwar behauptet hierzulande kaum jemand ernsthaft, der Iran hätte ein Recht auf Atomwaffen und es sei vorzuziehen, die Mullahs hätten die Bombe, jedoch trägt die Wirtschaft ganz aktiv dazu bei, dass die Vorstellung eines nuklearen Irans in immer weitere Nähe zur Realität rückt. Das einzige, wovor man sich tatsächlich fürchtet, ist eine Verschlechterung der Bedingung für Deutsche Unternehmen in den USA.

Deshalb hat sich Angela Merkel etwas ausgedacht. Bei einem Besuch in Texas hat sie Georgie Boy versprochen, die Beziehungen zum Iran einzuschränken: "Die Zeichen sind, wenn die Entwicklung weiter so negativ verläuft, darauf gestellt, dass wir unsere Handelsaktivitäten auch einschränken", sagte die Kanzlerin. Welche Massnahmen genau ergriffen werden sollen, verriet Frau Merkel nicht und schließlich gibt es da ja auch noch das "wenn": Was es bedeutet, wenn alles "weiter so negativ läuft", vermag niemand außer der Kanzlerin selbst zu wissen. So wie die Freunde des Iran die vereinten Nationen hinhalten, hält man in Deutschland die USA hin. Irgendwann, sagt Frau Merkel augenzwinkernd, werden wir uns am Boykott beteiligen.

Der Hauptgeschäftsführer des Außenhandelsverbands BGA, Gerhard Handke, unterstützt Merkel und gab den Folgenden Witz zum Besten:
"Die deutsche Wirtschaft wird sich an Sanktionen halten, wenn sie von den Vereinten Nationen beschlossen werden. Von deutschen Sonderopfern halten wir aber nichts."
Wenn es nach der Deutschen Wirtschaft geht, kommt es nie zu Sanktionen gegen den Iran. Warten auf die Vereinten Nationen ist wie Warten auf Godot: Ziemlich langwierig. Genau deshalb ist es das Beste, was dem BDI in den Kram passt:
Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warnte vor "einseitigen Maßnahmen" der EU oder der Bundesregierung. Die gesamte Staatengemeinschaft müsse sich an Sanktionen beteiligen, sonst seien sie unwirksam und verzerrten den Wettbewerb, sagte der zuständige BDI-Referent Heiko Willems.
Da Aufrufe zum Judenmord in Deutschland prinzipiell nicht weiter beachtet werden - dazu gehören sie viel zu sehr zum Alltag - macht man sich um etwas ganz anderes Gedanken, nämlich um "deutsche Sonderopfer". Wenn sich nicht alle am Boykott des Irans beteiligen, ist das Verzerrung von Wettbewerb. Im wesentlichen geht es darum, dass man die Geschäfte mit dem Iran niemand anderem überlassen möchte:
In der Wirtschaft ist die Sorge groß, dass im Falle eines deutschen Boykotts andere Nationen vom lukrativen Geschäft mit dem Iran profitieren könnten.
"Wenn wir nicht dürfen, dann sollen die auch nicht!" Wie ein kleines Kind neidet die deutsche Wirtschaft anderen das Geschäft. Wem man die Atomanlagen vor die Tür stellt ist egal. Schliesslich gibt es gute Gründe, den Iran zu hofieren. Und was wäre ein Deutscher, der sein Handeln nicht mit einer gehörigen Portion falscher Moral zu rechtfertigen wüsste:
Als bereits vor einem Jahr über Iran-Sanktionen diskutiert wurde, warnte BGA-Präsident Börner: Durch den engen Austausch und die Zusammenarbeit mit dem Iran könne man langfristig auch Einfluss auf die Entwicklung des Landes nehmen. "Wenn wir den Iran isolieren, dann nehmen wir uns natürlich diese Möglichkeiten." Durch Druck von außen würden sich die Iraner nur noch enger hinter ihren Präsidenten scharen, so Börner damals.
"Soll der Iran die Bombe kriegen! Wenn wir denen nicht helfen das zu finanzieren, könnte es passieren, dass die nicht mehr mit uns reden." Diese Logik ist bestechend.

Angela Merkel will ich nicht abnehmen, dass sie es ernst meint. Ihre Aussagen sind zu vage. Und wenn es nach der Deutschen Industrie geht, produzieren die Deutschen den Iranern das Uran für ihre Raketen und werden dafür gut bezahlt.

Wenn ich mir sicher wäre, dass die USA oder die israelische Luftwaffe in der nächsten Zeit einen Angriff gegen den Iran ausführen, würde ich mir wünschen, dass deutsche Unternehmen noch einmal kräftig Geld in den Iran pumpen - und zwar in jene Regionen, die Ziel der Bomben wären, die dem Traum vom nuklearen Iran ein Ende bereiten. Das wäre sogar ein "deutsches Sonderopfer".

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