6/22/2009

Neues aus dem Iran

Mittlerweile gibt es über twitter und andere Quellen weitere Informationen über die Proteste im Iran und den gestrigen Tag.

Beim Tehran Bureau gibt es eine unvollständige Liste von iranischen Politikern und Journalisten, die seit dem 13. Juni von der Islamischen Republik festgenommen wurden. Dort wird auch berichtet, dass die verhafteten unter "starken Druck" gesetzt werden würden, die Planung der Proteste zu gestehen. Schauprozesse und erzwungene Geständnisse stehen in der Islamischen Republik auf der Tagesordnung. Besonders während der Revolution wurden angebliche Verschwörer immer wieder verhaftet, im Fernsehen vorgeführt und schließlich hingerichtet.

Beim iranischen "Nachrichten"-Sender Press-TV bekommt man die nötigen Geständnisse auch ohne Folter: Man setzt einfach ein paar Schauspieler vor die Kamera, macht deren Gesicht unkenntlich - damit die Aufnahme authentischer wirkt - und lässt sie allen möglichen Quatsch erzählen. Wer sich über die Nachrichtensendungen der Mullahs lustig machen möchte, kann sich das ganze bei youtube anschauen. In diesem Falle sollte er sich aber zuvor darüber informieren, wie seriös Press TV tatsächlich ist.

In einem tweet wird außerdem über die Situation im berüchtigten Evin-Gefängnis berichtet. Die Bedingungen seien dort fürchterlich und das Regime würde die Gefangenen foltern. Obwohl es sich - wie immer - um eine unzuverlässige Quelle handelt, dürfte allgemein bekannt sein, wie die Islamische Republik mit ihren Gegnern umgeht.

Via Andrew Sullivan gibt es ein weiteres BBC-Video von den gestrigen Protesten, das offenbar kurz nach dem gestern verlinkten Video aufgenommen wurde. Eine ganze Reihe von Videos wurden auch auf diesem Blog gesammelt.

Bei Shoreesh werden einige Details des gestrigen Tages zusammengefasst:
  • Es kam zu einem heftigen Zusammenstoß auf der Shirazi-Straße in Teheran.
  • In West Teheran haben sich die Anwohner in mehreren Straßen in kleineren Gruppen versammelt. Sie haben Feuer gelegt und den Revolutionsgarden den Durchgang versperrt. In der Mollah-Sadrund Sattar-Khan-Straße bildeten sich Demonstrationszüge, die von Regimemilizen angegriffen wurden.
  • Vor der Teheraner Universität versammelten sich Studenten, die sich symbolisch in Leichentücher hüllten. Sie wurden brutal auseinandergetrieben.
  • An weiteren Orten bildeten sich große Menschenmengen, um gegen das Regime zu demonstrieren.
  • 200 Angehörige von Verhafteten haben sich vor dem "Informationsministerium" versammelt und verlangt ihre Angehörigen freizulassen.
  • Mehr als 4.000 Studenten und Jugendliche gingen in der Stadt Shirazi auf die Straße. Es waren Schüsse zu hören und Tränengaswolken zu sehen.
  • In der Stadt Mashhad wurde eine Demonstration von Polizisten mit Wasserwerfern und Knüppeln angegriffen.
  • In der Stadt Shiraz haben sich "tausende" in mehreren Teilen der Stadt Versammelt. In Gruppen von etwa 200 Personen lieferten sie sich über die gesammte Stadt verteilt Gefechte mit den "Sicherheitskräften", die in die Menge schossen.
Auch die in Leichentücher gehüllten Studenten kennt man aus der Islamischen Revolution. Damals sollte damit die Bereitschaft zum Märtyrertum ausgedrückt werden.

Immer mehr hört man nun auch, dass sich die Bevölkerung auf einen Streik vorbereitet, um die Islamische Republik in die Knie zu zwingen. Angeblich soll es heute morgen bereits zu ersten Zusammenstößen zwischen Bassidj-Milizen und Demonstranten gekommen sein. Außerdem wird behauptet, dass erste Verhaftungen in der Armee stattgefunden haben sollen. Das sind bisher aber lediglich Gerüchte.

Eine ausführliche Timeline der Proteste findet sich hier.

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