10/12/2007

Über Autobahnen, Gleichschaltung und Eva Herman

Die Deutschen sprechen oft über Belanglosigkeiten. Eine dieser Nichtigkeiten ist Eva Hermans Lob für Adolf Hitler. Seit 1945 darf in Deutschland jeder Nazi seinen scheiss verbreiten, so lange er sich nicht positiv auf die Nationalsozialisten bezieht. Hätte Frau Herman nicht ihre Begeisterung für Hitler zum Ausdruck gebracht, wäre es nicht zum Fauxpas gekommen, obwohl sie doch inhaltlich dasselbe gesagt hätte. Der Fehler von Eva Herman besteht eben nicht darin, wie ein Nazi zu denken, sondern sich auf Nazis zu beziehen.

Vor kurzem wurde die gute Frau von Johannes Kerner rausgeschmissen, weil sie nicht verstehen wollte, weshalb ihre Äußerungen zum Skandal wurden. Die Aufregung kommt nicht etwa daher, dass die Deutschen plötzlich eine Abneigung gegen Mutterschutz entwickelt hätten, sondern lediglich deshalb, weil sie sich diesen nicht als eine nationalsozialistische Angewohnheit verderben lassen wollen. Eigentlich hat Eva Herman sogar recht, wenn sie sich auf Adolf Hitler beruft, denn daran, dass der Mann ihre Bücher hervorragend gefunden hätte, dürfte kaum ein Zweifel bestehen. Da es vielen Deutschen im Hinblick auf Eva Hermans Buch ähnlich geht, wie Adolf Hitler, besteht der Tabubruch eben darin, all diese armen Deutschen in eine Ecke mit dem "Führer" zu stellen.

Im Moment wird ausgerechnet darüber gesprochen, dass Eva Herman sich als Opfer von "Gleichschaltung" geriert und die Angriffe ihrer "Kritiker" pariert hat, wie es unzählige Nazis vor ihr getan haben. Wie ein kleines Kind, das auf einen Vorwurf reagiert, indem es "selber, selber!" ruft, beruft Frau Herman sich auf Gleichschaltung: "Nicht ich bin der Nazi, ihr seid es. Bei Euch ist alles gleichgeschaltet." Auch das ist eine Belanglosigkeit, über die man sich lustig machen könnte, wären da nicht all jene, die der Frau plötzlich recht geben.

Nichtidentisches schreibt zum Beispiel:
Grundsätzlich hat Herman hier völlig recht: Gleichschaltung ist ein in jedem Schulbuch zu findender Begriff, der völlig korrekt aus antifaschistischer Sicht das faschistische Vorgehen kritisch bezeichnet.
Dabei verhält es sich doch gerade so, dass der nationalsozialistische Begriff in den Schulbüchern nicht benutzt wird, um ein wie auch immer geartetes "faschistisches Vorgehen" zu kritisieren, sondern um zu beweisen, dass die Deutschen eigentlich gar nicht so schlimm waren: Gleichschaltung brauchte es, weil "damals" eigentlich niemand etwas gegen "die" Juden hatte. Die Nazis kamen und haben die wehrlosen Deutschen gleichgeschaltet.
Soviel zur antifaschistischen Sichtweise von Eva Herman.

Bei PI geht man noch weiter und macht Eva Herman selbt zur Antifaschistin. Sie habe sich nicht, wie ein Nazi positiv auf "Gleichschaltung" bezogen, sondern sie habe sich davon distanziert.
Ohne, dass wir es bemerkt haben, haben sich mittlerweile einige Wesensmerkmale der NS-Gleichschaltung in unser System “eingeschlichen”. Es ist nicht die offensichtliche Kontrolle durch staatliche Organe (durch Verbote, Verfolgungen, Entmachtungen), wie damals, die die Meinung der Allgemeinheit lenken soll. Nein, vielmehr ist es heute eine Einflussnahme auf unser Unterbewusstsein. Dazu gehört das schüren von Ängsten, wie z.B. die Furcht des Verlustes von Ansehen oder Arbeitsplatz, wenn ich frei eine Meinung äußere, die nicht der “allgemein gültigen”, also der gewünschten Meinung entspricht.
Obwohl es natürlich stimmt, dass Eva Herman insofern die Wahrheit sagt, als dass sie ihr Denken zu Recht mit dem von Hitler vergleicht, und so blöde Johannes B. Kerner und ihre anderen "Kritiker" auch sein mögen: Hermans Verschwörungstheorie zu übernehmen, derzufolge wir bereits im Nationalsozialismus leben, einem Nationalsozialismus, der sich eben dadurch auszeichnet, dass jede positive Bezugnahme auf Nationalsozialisten öffentlich abgestraft wird, ist wirklich der Gipfel der Dummheit.

Bei PI scheint es diesen Gipfel jedoch nicht zu geben: Plötzlich weiß man nicht mehr, ob man in einen,"Proamerikanischen" Blog liest oder ob es sich um eine Rede von Ayatollah Chomeini handelt:
Und doch, es gibt sie [die Gleichschaltung, Anm.], weil Wirtschaft, Politik und Medien sich auf dem Rücken der deutschen Bevölkerung bereichern! Die Politik ist in der Hand der Wirtschaft, genauso wie die “unabhängigen” Medien. Der Mensch ist das Humankapital, mit dem die “großartigen” Gewinne unserer Unternehmen erwirtschaftet werden, die dann an die Börsen der Welt fließen, wo sie von Managern, Politikern, Großaktionären und arabischen Öl-Scheichs in die eigenen Taschen gestopft werden.
Bisher hat sich jeder Nazi als Opfer der internationalen Konzerne, der Börsen, Manager und Politiker geriert, die den armen Deutschen das Geld aus der Tasche ziehen. Wie ausgerechnet ein Blog wie PI dazu hinreissen lässt, solch einen Unsinn von sich zu geben, ist mir unerklärlich. Eva Herman fühlt sich als Opfer einer Gleichschaltung und bei PI gibt man ihr nicht nur Recht, sondern präzisiert auch noch, welche "Volksfeinde" da am Werk sind.

Es wäre am Besten gewesen, wenn Eva Herman einfach ihren Mund gehalten hätte und uns die ganze Debatte um Gleichschaltung, Autobahnen und Familienpolitik erspart geblieben wäre. Frau Herman könnte ihr Gequatsche von Mutterschutz und Autobahnen zwar ungestört weiterverbreiten, hätte aber auch keine Massenbewegung ausgelöst, die - egal ob es sich nun um ihre Gegner oder ihre Befürworter handelt - ihren Scheiss auch noch multiplizieren.

2 comments:

Anonymous said...

Mir hat dieser Text bei PI auch nicht gefallen. Ich habe mich viel mehr darüber aufgeregt, dass da gegen den Egoismus des einzelnen gewettert wurde.

Anonymous said...

ALso ich muss sagen, dass ich auch nicht verstehe, wie man nicht wenigstens darauf hinweisen kann, dass diese Frau tatsächlich wie ein Nazi denkt. Das wurde bei PI auch nicht gemacht....