5/11/2009

USA-Rassisten in Marburg und Gießen

Wie sehen "Hitlers Lehrer" aus? Die Marburger Provinzpostille "Express" gibt eine Antwort. Es handelt sich um "USA-Rassisten", also Männer mit Glatzen, die sich von herkömmlichen Nazis dadurch zu unterscheiden wissen, dass sie irgendwie modern und schick aussehen. Sie tragen Brillen und singen ekstatisch in Mikrofone. Das legt auf jedem Fall das Titelbild der aktuellen Ausgabe nahe:


Tatsächlich haben wir es hier mit einem freudschen Fehltritt zu tun. Die Jungs auf dem Cover, die man zunächst für die USA-Rassisten hält, sind eigentlich eine A Capella Band und die Überschrift bezieht sich auf ein Interview mit Hermann Ploppa.

Ploppa? Wer ist das eigentlich?

Allein das Bild von dem Mann finde ich genial. Wenn ich einen Preis für selbstgerechte Blicke vergeben könnte, Ploppa würde ihn bekommen.

Ploppa ist weit herumgekommen in der Welt. Er schrieb für ein "Magazin", das in zwei Städten erscheint und hat "Radio Unerhört Marburg" mitgegründet. Außerdem veröffentlicht er in überregionalen Zeitungen. Dazu gehören zum Beispiel die Marxistischen Blätter. Auch in Freitag, Jungle World der Jungen Welt konnte er Artikel unterbringen. Ganz schlecht geschriebene verschwörungstheoretische Pamphlete finden sich außerdem auf Internetseiten, die es erlauben gratis Texte ins Netz zu stellen.

Obwohl man sich auch ohne weitere Lektüre vorstellen kann, was es mit den USA-Rassisten auf sich hat, hier meine Lieblingszitate aus dem kurzen Interview:

"Anhand von Textvergleichen weise ich nach, dass Hitler sein nationales Rassenaufartungsprogramm direkt aus den USA abgekupfert hat."

"Eugenik war Mainstream. Ungefähr so vorherrschend wie heutzutage der Neoliberalismus."

"Es gibt natürlich auch Leute, die meinen, ich wollte die Naziverbrechen verharmlosen. Dass ich bislang unter den Teppich gekehrte unangenehme Wahrheiten über die USA bekannt mache, soll und kann ja nicht entkräften, dass der Holocaust einzigartig ist."

"Wir können lernen, dass Antisemitismus, Eugenik oder Euthanasie Teil einer weltweiten Bemühung darstellt, die Menschen effektiver und rentabler zu machen."

LOL!

5/02/2009

Elektra bei den Taliban

Standing Ovations in der frankfurter Oper: "Bravo, bravo!" Das Publikum ist außer sich. Solch eine Begeisterung habe ich dort selten erlebt.

Um solch einen Effekt zu erzielen war es notwendig, die Geschichte von Elektra neu zu erzählen. Da die Rahmenhandlung nicht jedem bekannt sein dürfte, hier eine kurze Zusammenfassung: Elektra sinnt auf Rache, weil ihr Vater, Agamemnon, von ihrer Mutter (Klytämnestra) und deren Liebhaber (Aegisth) umgebracht wurde. Nach langem hin und hergesinge kommt ihr Bruder Orest vorbei und tötet die beiden. Darüber freut sich Elektra so sehr, dass sie in Ekstase gerät und tot umfällt.

Die frankfurter Inszenierung macht schnell deutlich, worum es geht: Elektra ist eine linke. Sie sitzt im ausgeblichenen Trainingsanzug auf der Bühne und hat eine Wursthaarfrisur. Klytämnestra hingegen ist mit dicken goldenen Klunkern behangen und trägt feine rote Samtklamotten. Umgeben ist sie von lauter Militärs, die Gefangene in Guantanamo-Häftlingskleidung in Schach halten. Angeordnet sind diese Gefangenen wie man das aus den Abu Ghraib-Bildern kennt. Sie haben schwarze Stofftüten über dem Kopf und einer von ihnen steht sogar willenlos auf einem Kubus in der Gegend herum.

Schließlich folgt der Auftritt von Taliban-Orest. Er trägt eine islamische Mütze (eine Takke) und hat sich eines dieser langen Hemden angezogen (einen Shalwar Kameez). Weshalb er außerdem Fischerweste und Trainingshose trägt bleibt wohl Geheimnis der Oper Frankfurt. Vielleicht dachte man, das würde ihn militanter aussehen lassen. Osama wäre stolz auf diesen Orest. Er bringt nicht bloß seine Mutter und ihren Nazi-Lover um (der plötzlich mit Bomberjacke und Glatze auf der Bühne steht) sondern auch sämtliche Militärs.

Am Ende der Oper werden dann große schwarze Leichensäcke von den (mittlerweile blutverschmierten) Guantanamo-Leuten auf die Bühne geschleppt. Elektra kommt angelaufen und tritt noch einmal kräftig gegen die Toten. Klytämnestra und Aegisth werden an der Decke aufgehängt und alle feiern ein Fest.

Elektras Schwester, Chrysothemis frohlockt im Angesicht der vielen Leichen:
"Gut sind die Götter! Gut! Es fängt ein Leben
für dich und mich und alle Menschen an."

Und Elektra singt:
"Ich trage die Last
des Glückes, und ich tanze vor euch her.
Wer glücklich ist wie wir, dem ziemt nur eins:
schweigen und tanzen!"

Kein Wunder, dass sich die johlende Menge so freut. Amis, so lautet das Fazit der Elektra-Oper in Frankfurt, muss man einfach umbringen. Möglichst brutal und martialisch, versteht sich, denn sie haben es nicht anders verdient. Die Amis sind nicht bloß Schuld am Tod von Agamemnon, sondern sind im allgemeinen fiese Militärs, die den ganzen Tag nichts besseres zu tun haben als Abu-Ghraib-gefolter in Guantanamo zu veranstalten. Außerdem arbeiten sie mit Nazis wie Aegisth zusammen. Erst wenn alle Amerikaner gestorben sind, kann die linke Elektra sich zu Tode freuen, Taliban-Orest darf einen Tanz aufführen und die Jungs aus Guantanamo dürfen Leichen schleppen.

Und wer mir nicht glauben möchte, dass die Leute im Frankfurter Opernhaus solch einen Scheiß seit 2004 immer wieder auf die Bühne bringen, der kann sich bei youtube einen Trailer anschauen. Hätte ich den mal vorher gefunden. Dann wäre ich gar nicht erst dort hingegangen. Aber daraus habe ich gelernt: Bloß weil die Karten spottbillig sind, geht man nicht einfach mal in die Oper, ohne sich vorher über die Inszenierung zu informieren.