12/06/2007

Iran remains a Threat!

Hinz und Kunz fühlen sich bestätigt. Während man nicht einmal bei den amerikanischen Geheimdiensten den eigenen Bericht für bare Münze nimmt und über Wahrscheinlichkeiten, Eventualitäten und Unsicherheiten schreibt, ist man plötzlichan allen möglichen Orten davon überzeugt, ganz genau zu wissen, wie es um das iranische Atomprogramm bestellt ist.

Zum Beispiel erklärt Jörg Lau auf den Seiten der Zeit seine Erleichterung darüber, dass es nun "doch kein[en] Weltkrieg" geben soll. Der Bericht der US-Geheimdienste lasse "den US-Präsidenten de facto als Lügner und Kriegshetzer dastehen". Es handele sich um eine "Ungeheuerlichkeit [...], die einen Amerika wieder lieben läßt."

Typen wie Lau machen keinen Hehl daraus, die USA zu hassen. Für gewöhnlich ist die bloße Erwähnung amerikanischer Nachrichtenagenturen für solche Leute der Beginn eines Gesprächs über Lügen, finstere Machenschaften und Intrigen. Solche Regungen sind mit einem Mal verschwunden: Man liebt Amerika "wieder".

Dabei spielt es keine Rolle, dass die Geheimdienste nicht einmal ihren eigenen Angaben Glauben schenken. Weshalb sollte man sich auch bemühen darüber nachzudenken? Der NIE-Bericht lässt sich so schön in das antiamerikanische Ressentiment einfügen, dass man gar nicht mehr bemerkt, wie man plötzlich an Leute glaubt, die sonst als das absolute Böse galten.

Erschreckend ist vor allem, dass die Unterschiede zwischen den Mullahs und ihren Freunden zunehmend verwischen. Die deutsche Sektion des iranischen Propagandavereins CASMII, "Kampagne gegen Sanktionen und militärische Intervention im Iran", musste sich zum Beispiel gar nicht erst darum bemühen, selbst einen Text zu verfassen. Sie konnte einfach die Artikel aus der Taz, der Süddeutschen und von Spiegel-Online übernehmen. Und die Reaktion des iranischen Außenministers Mottaki unterscheidet sich kaum von den Stimmen in der deutschen Presse.

In der Zwischenzeit stellte der amerikanische Präsident unter Beweis, dass er trotz allem einen klaren Kopf behalten hat. "Jeder" erklärte er, "der denkt, dass die Bedrohung durch den Iran verschwunden oder zurückgegangen ist, ist naiv oder schenkt den Fakten keine Aufmerksamkeit." Rückendeckung erhält Bush vom ehemaligen UN-Botschafter der USA, John Bolton, der den Bericht der Geheimdienste in einem hervorragenden Kommentar in der Washington Post in der Luft zerreisst:
First, the headline finding -- that Iran halted its nuclear weapons program in 2003 -- is written in a way that guarantees the totality of the conclusions will be misread. In fact, there is little substantive difference between the conclusions of the 2005 NIE on Iran's nuclear capabilities and the 2007 NIE. Moreover, the distinction between "military" and "civilian" programs is highly artificial, since the enrichment of uranium, which all agree Iran is continuing, is critical to civilian and military uses. Indeed, it has always been Iran's "civilian" program that posed the main risk of a nuclear "breakout."
Beängstigend ist jedoch vor allem, dass die Fakten Mr. President zwar Recht geben, jedoch vor dem Hintergrund des ganzen Geschreis über den NIE-Bericht verschwinden. So erschien zum Beispiel in der Frankfurter Rundschau, einem Blättchen, in dem man sich gerne auch für Frieden und Völkerverständigung mit islamischen Terroristen und Diktatoren einsetzt, ein Artikel, der vermutet, dass systematisch Uran aus dem Kongo in den Iran geschmuggelt wird. Und der amerikanische Blogger Bill Roggio hat einen ausführlichen Artikel über das engagement des Iran im Irak geschrieben.

Vor allem gerät bei all dem Jubel über die vermeintliche Glaubwürdigkeit amerikanischer Geheimdienste jedoch in Vergessenheit, welchen Dienst man dem iranischen Regime mit dem ganzen Freudentaumel erweist. Zumindest ist man dort, wo man für gewöhnlich am lautesten gegen einen Kriege der USA gegen den Iran wettert, ganz plötzlich verstummt und bekommt es mit der Angst zu tun:
The dwindling possibility of a U.S. attack on Iran is changing the dynamics of Middle East politics and raising Arab concern that Tehran may now feel emboldened to strengthen its military, increase its support for Islamic radicals and exert more influence in the region's troubled countries.

Saudi Arabia and other Arab nations opposed military action against Iran's nuclear program. But, analysts said, those governments were privately relieved that U.S. threats helped to further preoccupy Tehran, which had irritated much of the Arab world with its deep involvement in the politics of Iraq and Lebanon and support for the radical Palestinian group Hamas.

The U.S. intelligence report released Monday, which says Iran does not have an active nuclear weapons program, has eased international pressure for sanctions and invigorated the Islamic Republic's hard-liners. This comes as the Arab world has been trying to counter Iranian President Mahmoud Ahmadinejad's rhetoric and his government's influence over the presidential turmoil in Lebanon, the politics in Syria and the Israeli-Palestinian peace process.

The report did not allay Arab fears over Iran's nuclear intentions and its program to enrich uranium.
Für den Iran sieht es auf jedem Fall mit einem Mal besser aus denn je. Den Gegnern Teherans versetzten die US-Geheimdienste einen Schlag ins Gesicht, als sie ihren Bericht veröffentlichten. Dass die Mullahs durch den NIE-Bericht Aufwind bekommen haben, läßt sich bereits im Inneren des Landes beobachten: Während Ahmadinedjad einen "Sieg für die Iranische Nation" feiert, wurde ein 21-jähriger Kurde im Iran erhängt. Er soll vor acht Jahren eine schwule Beziehung geführt haben.

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