6/21/2008

Veranstaltungsbericht der Gruppe Anomy Hannover

Die Gruppe Anomy Hannover hat gestern bei der Veranstaltung mit Norman Paech, die von der Volkshochschule Hannover in Kooperation mit dem Palästinaforum, Amnesty International und der Deutsch Israelischen Gesellschaft Hannover organisiert wurde Flugblätter verteilt und den folgenden Veranstaltungsbericht mit Bitte um Veröffentlichung verschickt. Er sei hier in voller Länge wiedergegeben:
"Die Kassam-Raketen sollten nicht immer so emotionalisiert werden"

Norman Paech verteidigt auf einer gemeinsamen Veranstaltung von Amnesty International, Palästina-Initiative und Deutsch-Israelischer Gesellschaft (!) am 20.6.08 in Hannover das Judenmorden. Ihm fungiert das Völkerrecht als Mittel, mit dem er in geschichtsrevisionistischer Absicht als Deutscher über Israel richten will, indem er Israel mit dem Nationalsozialismus gleichsetzt und den israelischen Juden die Schuld am Antisemitismus gibt. "Nach Maßgabe des Völkerrechts", so Paech, "war die Schaffung Israels völkerrechtswidrig", die Existenz Israels also sei ein Verbrechen.

Bereits im Vorfeld hatte die Veranstaltung einiges an Widerspruch und Aufmerksamkeit erfahren. In und außerhalb der Deutsch-Israelischen Gesellschaft wurde zum Teil Unmut gegenüber die von Kay Schweigmann-Greve beschlossene Unterstützung und Mitfinanzierung der Veranstaltung mit Norman Paech laut, dessen obsessives Anliegen es seit Jahrzehnten ist, Israel als verbrecherischen, faschistischen Staat hinzustellen und deutsche Schuld projektiv loszuwerden. Zu dem von der DIG veranstalteten Israeltag am 4.5.08 verteilte eine Initiative gegen Antisemitismus Flugblätter, worin die Absage der Veranstaltung und die Absetzung von Schweigmann-Greve gefordert wurde. Einen Tag vor der Veranstaltung kam es zu Darstellungen von Schweigmann-Greve und Leonard Zelig auf der Webseite der "Achse der Guten". Leonard Zelig hatte auf dem Blog "Wind in the Wires" einen kritischen Artikel über die Beteiligung der DIG Hannover an der Veranstaltung verfasst.
Zur Veranstaltung selbst verteilte die Gruppe Anomy Hannover eine Flugschrift, welches die antisemitische und geschichtsrevisionistische Haltung Paechs anhand Äußerungen von ihm darstellt und darauf hinweist, wie kontraproduktiv es ist, mit Antisemiten zu diskutieren und ihnen öffentliche Podien zur Verfügung zu stellen.
Paechs Vortrag zu dem Thema "Menschenrechte und Völkerrecht in Nahost" bestand in einer Aneinanderreihung von Zitaten vorwiegend aus einseitigen und antisemitischen UN-Resolutionen, wie der Behauptung, Israel betreibe die "Ausrottung der palästinensischen nationalen Identität" und Zionismus sei "eine Form von Rassismus", denen er vollauf zustimmte und als objektives Völkerrecht verstanden haben will. Die UNO sei allerdings machtlos gegen den israelischen Völkerrechts-Verbrecher und gegen die angeblich außerordentliche Macht der jüdischen Lobby in den USA. Seine Phantasien über die jüdische Weltherrschaft drückte Paech aus, indem er die Errichtung Israels auf diese unheimliche Macht der Juden in den USA zurückführte, die die US-Regierung und diverse Dritte-Welt-Länder in ihren Entscheidungen maßgeblich beeinflusse. Nach Maßgabe des Völkerrechts, so Paech, sei die Schaffung Israels ein Verbrechen gewesen.
Palästinensischen Terrorismus und Raketenbeschuss stellte Paech unter Berufung auf die UNO als "legitimes Mittel des Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes" und als Folge israelischer Politik dar. Abschließend bezog sich Paech, nicht ohne eine gewisse freudige Genugtuung, auf Richard Falk, "einen Juden aus den USA", wie er betont hinzufügen musste, um einen jüdischen Kronzeugen zu zitieren, der das deutsche Bedürfnis Paechs ausspricht, dass Israel "faschistische Methoden" anwende. Israel, so Paech, sei durch seine Politik selbstverschuldeterweise nicht überlebensfähig, solange es diese nicht ändere und keinen palästinensischen Staat zulasse. Damit hatte Paech sein Todesurteil über Israel ausgesprochen, an dem die Juden wie immer selbst schuld sind.

Nach dem Vortrag Paechs durften Kay Schweigmann-Greve von der DIG und Wilhelm Wortmann von der Palästina-Initiative kurze Statements abgeben. Herr Schweigmann-Greve sprach Herrn Paech direkt an, akzeptierte ihn also demonstrativ als Gesprächspartner. Zwar widerlegte er ganz richtig eine Vielzahl falscher Behauptungen und zog einigen Unmut des Publikums dadurch auf sich, zielte aber doch am Kern der Sache vorbei, indem er nicht den Antisemitismus Paechs ansprach, sondern offensichtlich glaubte mit rationaler Gegenargumentation das antisemitische Ressentiment erschüttern zu können. Im Punkt der Forderung nach einem palästinensischen Staat hob er nachdrücklich hervor, dass er hierin mit Paech einig ist.
Wilhelm Wortmann von der Palästina-Initiative wollte schon gar nicht über Geschichte und ihre Details reden und hielt dies gar für gefährlich. Vielmehr solle man von der Gegenwart ausgehen, die zeige, dass Israel "nicht eindeutig demokratisch" sei, da es ein Volk besetze und unterdrücke und sich "terroristischer Maßnahmen" bediene. Warum, erhob er seine Stimme pathetisch, warum nur schaue die Welt dem Treiben der Juden zu und hindere sie nicht daran.

In der anschließenden Diskussion wurde antisemitismuskritischen Beiträgen von Martin Roger, dem Bezirkssprecher von Amnesty International, mehrmals das Wort entzogen, während Beiträge, die den Nationalsozialismus auf Israel projizierten, Zustimmung erhielten.
Norman Paech verstieg sich dann noch zu der Behauptung, man dürfe die von Palästinensern auf Israel abgefeuerten Kassam-Raketen nicht immer so emotionalisieren. Judenmord also müsse man nüchtern betrachten, so brachte Paech seinen inneren Antrieb auf den Punkt. Erst kürzlich hatte er bei einem anderen Vortrag den Dauerbeschuss auf Israel als "Neujahrsraketen" verharmlost. Mit dieser Sicht der Dinge ging anlässlich der Veranstaltungsreihe Filistina auch eine Vertreterin der Palästina-Initiative konform. Gegenüber Kritikern bezeichnete sie am 5.6.08 die Raketen, die das Leben von Israelis bedrohen, als "infantile Blechbüchsen". Neben dem paternalistischen Blick auf das Objekt der Solidarisierung, den Palästinenser_innen, spricht aus diesen Aussagen die eigentliche Absicht: Judenmord zu verharmlosen und zu legitimieren, als unschuldige Spielerei gegen die übermächtige Personifikation des Bösen, den Juden, zu verkaufen. Dies ist der deutsche Blick auf den Nahen Osten, der sich selbst im mörderischen Treiben der Antisemiten wiedererkennt. Das Völkerrecht, Fetisch und Fiktion in einem, ist hierbei das zeitgemäße Mittel der Wahl, sich zum Weltfriedensrichter über jüdische Existenz zu ernennen, denn wie Paech frohlockte, hätte es Israel "nach Maßgabe des Völkerrechts" nie und erst recht längst nicht mehr geben dürfen, es ist hier nichts anderes als die Rationalisierung des eigenen Bedürfnisses, den Juden alle Schuld nachzuweisen: der projizierten deutschen Schuld am Holocaust, der Schuld am sogenannten Nahostkonflikt und der Schuld am weltweiten Antisemitismus. Deswegen ist Norman Paech Völkerrechtler.

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